Jeder lese, was er kann - 15.6.2023
Reizendes von Graphikern und Macis bis zu Illusion
Unter dem Motto „Jeder lese, was er kann, nur nicht seinem Nebenmann (die Leviten)“ fand am 15. Juni im Café Morizz in Buchloe die erste Freie Lesung des Landsberger Autorenkreises nach der Zeit im Klostereck statt.
Die Organisatorin dieser vergangenen Aktion, Lore Kienzl, dankte zu Beginn Carmen Kraus für die Erstellung eines Büchleins, das diese intensive Zeit äußerst ansprechend auf der Homepage dokumentiert [3.081 KB]
und in einigen Exemplaren für die Autoren gedruckt werden soll.
Auch Moderator Boris Schneider nahm zu Anfang der Lesung Bezug auf die Zeit im Klostereck, die den Autorenkreis aus seiner Sicht enger zusammengeschweißt habe.
Er las zwei kurze Gedichte von Thomas Glatz, die in dieser Zeit entstanden waren:
Ein Elfchen
Fad
im Klostereck
Kaffee Manhart lockt
Ich schließe und trinke
Melange
Ein freies Gedicht
Klostereck
Kloster weg
Eck noch da
Nanu nana
Wie üblich bestimmte das Ziehen von Zetteln – dieses Mal aus einer Sommermütze – die Reihenfolge der Lesenden. Der Zufall wollte es, dass Thomas Glatz dann auch gleich selbst ein weiteres seiner eigenen Werke vorstellen durfte. In der kurzen Erzählung „Vor der Graphikschule“ ging es um Jugenderinnerungen mit dem besten Kumpel, Hallodri Ron, als in der Graphikschule noch das Kratzen von Stiften und das Rubbeln von Radiergummis statt des heutigen monotonen Mausklickens zu hören war.
Marianne Porsche-Rohrer las einige Gedichte aus ihrem 2019 entstandenen Buch „Gewürzkunde in aller Munde“. Es ging um das Aroma und den feinen Duft von Kaffee, die man auch mit der modernsten Wissenschaft nicht nachmachen kann. Über Meerrettich, der scharf bis zu (Freuden-)Tränen reizen kann, ging es zum Gewürz, das der Weißwurst ihren charakteristischen Geschmack verleiht, Macis, auch Muskatblüte genannt.
Mit „Der Symphonie Nr. 7“ entführte Roland Greißl die Zuhörer auf eine blütenübersäte Bergwiese, wo man mit dem Herzen lauschend den Klang jeder Pflanze hören konnte. Es ging um die Faszination der Natur und darüber, wie sich im Rhythmus von 7 Jahren alle Zellen des menschlichen Körpers vollständig erneuern und sich dabei auch an vergangene Schmerzen erinnern.
Barbara Koopmann hatte die Zeit im Klostereck im Nachhall noch so beschäftigt, dass sie die schönsten Erlebnisse in einer Geschichte festhalten musste. Sie erzählte von den Veranstaltungen, in denen sich der Autorenkreis so präsentierte, wie er wahrgenommen werden möchte. Besonders angetan hatte es ihr das Gespräch mit einer Frau, die sie bei einer der Aktionen porträtieren durfte und der sie damit ihre eigene Schönheit zu Bewusstsein brachte.
Rudi Fichtl, ein Meister der humorvoll nachdenklichen Lyrik, hält sich nach eigener Aussage nie an ein Lesungsmotto und las daher etwas, was er nicht zu können glaubt, eine Kurzgeschichte. Bei „Heile mit Eile“ ging es um einen Besuch beim Milky-Way-Dancer auf dem Oktoberfest, der ein einschneidendes Lebensereignis darstellte. Auch hier gelang es ihm, den Zuhörern Lachtränen zu entlocken, so dass der Moderator am Ende trocken feststellte, er habe dieses Mal das Motto „Jeder lese, was er kann“ eingehalten.
Carmen Kraus hatte drei Gedichte mitgebracht. In „Stirb langsam“ ging es darum, dass man von Geburt an jeden Tag wachsen, aber auch ein wenig sterben muss – und gut für sich selbst sorgen sollte, um das Endziel nicht zu schnell zu erreichen. In „Wagnis“ plädierte sie dafür, sich auch einmal dem Ungeplanten hinzugeben. Dass auch ein Gedicht heilsame Worte enthalten kann, bewies sie mit den Versen „Sprache ist Wirkung und Wunder“.
Den Abend beschließen durfte Benno von Rechenberg mit einer philosophischen Geschichte über den Besuch von Moritz in der kleinen Mansardenwohnung seines Freundes Arid. Den Nachhilfelehrer seiner Tochter schätzte er für seine tiefgreifenden Gedanken zu Glauben und Wissen oder Illusion und Vision. So brachte Arid ihm nahe, dass Erfahrenes aus Unglaube mitunter nicht wahrgenommen wird und die einzige Illusion diejenige sei, dass es sie nicht gäbe.
Nach den Schlussworten von Moderator Boris Schneider, der Autoren und Zuhörern für ihr Kommen dankte, saßen die Mitglieder des Autorenkreises noch gemütlich beisammen und ließen den Abend in gemeinsamen Gesprächen ausklingen.
Text von Boris Schneider