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Buchvorstellungen der Autoren - 25.10.2019

Reicher Ernteherbst in zwei "Fruchtkörben"


Der Raum zwischen den Rollregalen der Bücherei begann zunehmend zu knistern, als mehr und mehr Bücherfreunde an einem klaren Herbstabend hereinströmten. Es war gar nicht auszumachen, wer mehr Freude daran hatte, die Gastgeberin Monika Hecht, die die Bücherei in Kaufering leitet, die Kauferinger Autorin Heidenore Glatz, die organisatorisch diesen Leseabend auf die Beine gestellt hatte, oder der Landsberger Helmut Glatz, vor 15 Jahren Autorenkreisgründer, der die Moderation innehatte. Letzteren kennen die Kauferinger gut, ist er doch auch Spielleiter und 1987 sogar Gründer des Marionettentheaters „Am Schnürl“, das auf der Theaterbühne in ihrer Schule Kinder und Erwachsene begeistert. Der Kartenverkauf für die Aufführungen im November ist übrigens schon im Gange.

In das fröhliche Begrüßungsgeplapper mischten sich zunehmend musikalische Töne. Das Kauferinger Kammertrio hatte seine Plätze eingenommen und stimmte die Instrumente. Dr. Anna-Katharina Freifrau von Schnurbein setzte die Querflöte an, neben ihr strich Annegret Fischer-Fey über die Violine und ihr Mann Michael Fey das Cello. „Johann Sebastian Bach“ prangte von der Spielpartitur. Um 19 Uhr waren die Besucherränge gut gefüllt, als Monika Hecht alle begrüßte. Zum sechsten Mal bot ihr Arbeitsplatz nun schon den beeindruckenden Rahmen für die alljährliche Vorstellung der Bücher einzelner Autoren aus dem Landsberger Autorenkreis.

Heidenore Glatz bedankte sich herzlich dafür und ebenso bei den drei Musikern, die gewohnt sanft nun schon im fünften Jahr diese fruchtbaren Lesungen begleiten. „Goldener Herbst hat reife Früchte für uns bereit“, hörte man sie sagen, und dass dieses Jahr nicht nur einzelne Autoren Bücher herausgebracht hatten, sondern nach vier Jahren auch wieder eine Anthologie des Autorenkreises erschienen ist. Druckfrisch sei sie und sollte hier nur erwähnt werden, denn das Gemeinschaftswerk von 33 Autoren werde am 17. November in Landsberg ausführlich vorgestellt.

Vier neue Bücher freute sich Moderator Helmut Glatz bekanntzugeben. Dabei sei es durchaus als Besonderheit zu betrachten, dass diese von … nur zwei Autoren kommen.

Monika Sadegor stelle sich auf ihrer Homepage als dichtende Psychologin vor, so Helmut Glatz, die auch Philosophie studiert hatte. In leitenden Positionen tätig, war sie es gewohnt, Neues anzupacken und zu erledigen. Derselbe Schwung packte sie im Ruhestand, als sie 2018 die Buchvorstellung der Autorenkollegen erlebte. Da waren doch noch Gedichte aus den letzten 20 Jahren in der Schublade, die sollten veröffentlicht werden. Das geschah im März 2019, und weil es solche Freude machte, gab sie im Mai, fast noch pünktlich zum Muttertag, die Erinnerungen an ihre Großmutter heraus, liebevolle Geschichten von ihrer Kindheit in Passau. Ein Aufenthalt am Lago Maggiore überraschte sie dann selbst mit der Inspiration zu fast einem Dutzend Märchen – im September hielt sie auch dieses Werk in Händen. „Das Lied der Birke“, „Vergissmeinnicht und Gugelhupf“ und „Schatten im Zauberwald“ sind drei Bücher, wie sie unterschiedlicher kaum sein können.

Aus ersterem las Monika Sadegor das Gedicht „Herbstsonne“: „milder streichelst du unser Herz nie zum Abschied“, „wie reich ergießt sich Erntefülle über uns“, flüsterte sie uns betörend ins Ohr und auch die Hoffnung auf den neuen Frühling, in einem anderen Land, in einer anderen Zeit. Der Herbst des Lebens also, wenn uns tausend Abschiede endlich gelehrt haben, Reichtum und Schönheit dankbar anzunehmen, aber auch die Verluste, die dazu führten, zu ertragen. Ihr Aphorismus „Über das Alter“ brachte es auf den Punkt: dass wir zwar im Außen verlieren, „aber im Innern türmen sich Dome“. Welch gewaltige Sicht auf die Fülle im Lebenslauf!

Bei der Vorstellung ihres zweiten Buches verriet die Autorin, dass sie nebst liebevollen Sequenzen mit der Großmutter, die über lange Zeit den Platz der Mutter eingenommen hatte, als Zugabe auch das Original-Gugelhupf-Rezept aus dem Familienschatz preisgab. Einige Leserinnen hätten es bereits nachgebacken und seien begeistert. Geschichten daraus habe sie schon so oft gelesen, jetzt sei es Zeit für Neues.

Damit wendete sie sich dem verschatteten Zauberwald zu. Glück und Neid, Liebe und Verlust, die Themen, die oft in Märchen zur Lösungsfindung ausgebreitet werden, seien auch hier präsent. Dazu las Monika Sadegor den Abschnitt, als der alte König seinen jungen Sohn entsendet, für sich selbst den Schlüssel zum Glück zu suchen. „Woran werde ich’s erkennen?“, fragt der Jüngling unsicher. „Die Glocken deines Herzens werden es dir künden“, spricht der weise König. Und ja, die Suche in der Schatzkammer blieb erfolglos, wie wir schon ahnen. Aber es wäre ja kein Märchen, tröstete die Autorin, ginge es nicht gut aus. Doch durch welche Wirren der junge Mann seine Reifung erlebt, müsse man sich schon selbst erlesen …

Dass auch Notenschlüssel zum Glück führen können, stellte das Musikertrio sofort unter Beweis.

Marianne Porsche-Rohrer, die schreibende Apothekerin und Heilpraktikerin, führte Helmut Glatz daraufhin ein. Wer wisse schon, dass sie seit 2002 zunehmend auch politisch tätig ist: als Stadt- und Kreisrätin, als Behindertenbeauftragte von Schongau … und neuerdings sogar auch als Oma. Die zehn Buchtitel, die sie bis heute herausgegeben hat, lesen sich aneinandergereiht selbst wie ein Gedicht, bemerkte er und trug es vor: „Mit Malventee am Kanapee“, „Gesundheitstipps von Onkel Fips“ und so weiter und so fort bis zum jüngsten: „Mit Hildegard von Bingen kann Gesundheit gelingen“.

Alle ihre Bücher seien lustig geschrieben, in Reimform, aber ernst gemeint, erklärte die Autorin selbst. Es sei ihr ein Anliegen, den Menschen die verschiedenen Kapitel der Naturheilkunde nahezubringen, und ihr sehnlichster Wunsch, sie mögen einen Nutzen davon haben.

Hildegard von Bingen, als Äbtissin, Dichterin und Komponistin im 11. Jahrhundert eine äußerst gebildete Frau, lehrt in ihren Schriften, dass Gesundheit auf vielen Faktoren fußt: auf gesunder Ernährung, frischer Luft und Bewegung, aber ebenso wichtig seien Dichtung, Malerei, Musik – nach heutigem Sprachgebrauch also eine ganzheitliche Lehre. Und schon waren wir im Frühmittelalter, mit Rezepturen von Petersilien-Honig-Wein und Habermus mit Dinkelbrot. Galgant-Honig bot sie an, denn „im Magen ist er angenehm, Entzündung heilt er außerdem“. So stellen sich Wohlbefinden und neuer Lebensmut ein und „der Figur kann nichts passieren“. Auch für den dem Galgant verwandten Ingwer bricht sie eine Lanze, denn „die Oma schwört darauf“ und auch der „Onkel Isidor, der an Bauchweh leidet“. Die Informationen gehen tief, auch wenn ein leichter Hinweis dies relativiert: „Gingerole – weil ich kein Gelehrter bin, muss ich mir das gar nicht merken“. Vom Zimt liegt ihr am Herzen zu berichten, doch warnt sie auch: „Zimteis aß die Tante Lilo / täglich eine Schüssel voll. / Anfangs fand sie das ganz toll, / doch dann wog sie hundert Kilo!“

Da kündigte Frau Dr. Anna-Katharina von Schnurbein doch gleich etwas Natürliches zur Heilung an, nämlich Wasser – oder auch „Bach“. Und schon gab es Gesundes für Ohren und Herz.

Ja und dann die Pause: Die Zuhörer strömten zum Büchertisch der Autorinnen, es wurde gestöbert und gefachsimpelt, gelesen und gekauft … bis die Bücher ausgingen. Bei so viel Gesprächsstoff wurde beinahe überhört, dass die Musiker wieder spielten. Vivaldis „Winter“ sei gewiss auch zimthaltig, teilten sie mit einem Augenzwinkern mit. Schwungvoll eröffnete der Moderator gleich die zweite Leserunde des Abends. Die Namen der lesenden Autoren wurden, wie sonst in diesem Kreis üblich, mittels Losverfahren gezogen und bestimmten die Reihenfolge.

Fred Fraas
, der Oberfranke, machte den Anfang mit dem zeitgemäßen Gedicht „Oktober“ und ließ „lila zarte Herbstzeitlosen taumeln in den feuchten Moosen“. In „Wenn’s herbstelt“ wurden mundartlich leicht die Blätter vom Baum gerissen, die Händ‘ am „Ofe“ gewärmt und schließlich einfach ausgesprochen, wie sich das anfühlt: „Mir gfällt’s halt gut, wenn’s herbsteln tut.“

Mit seinem sehr kryptischen Titel rief Helmut Glatz den nächsten Lesenden auf, Max Dietz. Er hatte 2018 an der Anthologie „Unsere Würm – ein Florilegium“ der Grägs (Gräfelfing) mitgewirkt. In „Wirmina träumt“ konnte man dem Hufschlag des Meldepferdes folgen, erleben, wie ein wogender See sich zur Ruhe wandelt, Raumzeit zu Traumzeit wechselt, Pippin seine Bertha findet und die Wasserfrau Würma Hahnenfußkränzchen bindet. Tosende Wortgewalt … bis zum Aufwachen!

Mit einer Entschuldigung meldeten sich die Musiker daraufhin zu Wort: Man habe nichts von der Würm und noch nicht mal vom Lech, aber Smetana hätte die Moldau musikalisch gurgeln, rauschen und fließen lassen. Die Zuhörer störte der Ortswechsel nicht, ganz im Gegenteil!

Endlich eine echte Kauferinger Autorin!, bejubelte der Moderator Monika Hrastnik. Sie las „Oktoberintermezzi“ von Herbstlaub und Sturmtief, von Wildem und Trübem und davon, wie in mancher Nacht die Sterne besonders funkeln. Bunt und Schön wechselten zuweilen ins Hässliche, doch im letzten Tanz treten alle ihre Reise an und „Erinnern ist, was übrig bleibt“.

Den Reigen ergänzte Angelika Müller mit „Verflossene Schönheit“, einem Gedicht über den Lech, der Farben und letzte Wärme in sich trägt, und mit jener „Zauberinsel“, wo Gedanken zu Sphären der Ruhe gelangen, so dass der Moment uns kurz von der Hektik des Tages trennt.

Nach der Romantik war Dada angesagt: Corinne Haberl las einen Limerick, der in der Zeitschrift „Novelle“ erschienen war, eine Fabel von Ameise und Floh, die sich gegen Missgunst aussprach und zu Nächstenliebe verpflichtete. In „Der Troika Schildbürgerstreich“ überzeichnete sie mit kreativen beruflichen Konstrukten wie Dauerwelleninstandsetzer und Schnapsleichenbeschauer manch widersinnige Entscheidung eines kleinstädtischen Rates.

Lange hatte sie warten müssen, bis das Los die Älteste im Autorenkreis nach vorne beschied. In einem unglaublichen Wortschwall beschrieb dann aber das „Münchner Kindl“ Claire Guinin seinen Werdegang im Landsberger Autorenkreis mit Kostproben des neu entdeckten Schaffens, in „Anfangszauber“, „Der Schlüssel zum Glück“ und „Gurnemanz besucht den Autorenkreis“. Hinter den Begriffen aus Themenlesungen entpuppten sich ihre ganz eigenwillig karikierenden Gedanken. Da tropfte Honig auf die Krawatte, weil einer zwar aufrecht, aber mit dem linken Bein aufstand, dann verwickelte sie Hesse in die Suche nach der besten Lösung, fand schließlich durchs Unglück zum Riesenglück und bemühte Graf Schreibensteins kalte Mauern, Türme, Zinnen in wüstem Horror. Doch selbst bei resolut Kritischem blitzte ungebrochen der liebenswerte Charme der Weltenbummlerin hervor.

Michaela Schmitt, erst seit Kurzem im Kreis der Landsberger Autoren, gab einen ganz anderen Einblick in ihre Entwicklung von der jugendlichen Tagebuchschreiberin zur fachlich gereiften Qi-Gong-Buchautorin. Auf griechischen Inseln vertiefte sie nicht nur ihre Leidenschaft für die Mythologie, die dem Buch eine zweite Ebene bieten wird, sondern auch die Lebendigkeit von Familie und Freundschaft. In „Sonnenlicht an Korfus Strand“ entdeckte sie einen kleinen Garten Eden, in dem man Gaia selbst in sinnlicher Hingabe erlebte. Überbordendes Lachen brachte für Jung und Alt der Schlammstrand hervor, als alle Hüllen fielen und auch die letzte Anspannung verflog.

Wie im Reißverschlussverfahren hatten sich die Musikstücke in die Kette der Lesungen eingefügt. Immer und immer wieder staunend nahmen die Zuhörer das wahr, so auch jetzt, da die Kindersinfonie von Leopold Mozart das Lachen der Ferienkinder nachhallen ließ.

Dankbar strahlend stand Heidenore Glatz schließlich vorne, verteilte verbale und handfeste Geschenke an alle, die zu dem gelungenen Abend beigetragen hatten, und entließ sie, Autoren und Zuhörer mit einem Altweibersommergedicht in die klare Sternennacht. Die Plakate für die Vorstellung der Anthologie am 17. November um 15 Uhr im evang. Gemeindehaus in Landsberg hängen schon. Sie will uns alle dort wiedersehn. Welch eine Aussicht!

Carmen B. Kraus