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Heimattag im Klostereck - 5.4.2025

Erinnerung an eine aussterbende Sprache:

D'Lejchruanr Sprooch


Drei Gedanken veranlassten Roland Greißl zu einem Vortrag über die „Lejchruanr Sprooch“ im Klostereck: zum einen die dankbare Erinnerung an Otto Stedele († 2014), der dem Autorenkreis diese Sprache mit viel Herzblut nähergebracht hatte; zum anderen deren phonetisch vergleichbare Herkunft aus „M’lhousa“, wobei es sich bei Stedele um Obermühlhausen bei Thaining, bei Greißl um Untermühlhausen bei Penzing handelt. Entscheidendes Motiv war jedoch, einem interessierten Publikum vor allem den Klang einer aussterbenden Sprache möglichst authentisch nahezubringen.

So begann sein Referat mit Kindheits-Erinnerungen an seine Mutter, bei der viele Begriffe aus dem Lechrainischen in den Alltag einflossen. Weil damals Buben und Mädchen stets gemeinsam spielten, meinte sie scherzhaft: „Biawlin und Mellin, deis bassd id zejma. Des gejt a rechds Sandriwaschia.“ Die -lin-Endung bei Buben und Mädchen ist ein typisches Kennzeichen dieser Sprache, das sich seit dem Mittelalter erhalten hat. Und dass alles „drunter und drüber“ geht, vermittelt ein wenig deren lautmalerische „Note“. Besonders drastisch zeigt sich der Grundsatz der Sprache am Lechrain, viele Worte bis zum Extrem zu vereinfachen, in der kleinen Frage der Mutter: „Bua, hoschd ebba mer an Bodr bejt?“, also: „Bub, hast du vielleicht wieder ein Pater(noster/Vaterunser) gebetet?“, wenn der kleine Roland vom Gottesdienst nach Hause kam.

Höhepunkt des Vortrags waren die beiden Geschichten, die Otto Stedele als Erinnerung an seine Kindheit geschrieben und die Klaus Wuchner bei Stedeles früheren Vorträgen aufgezeichnet und auf CD gebrannt hatte. In der ersten Geschichte musste der kleine Otto mit 7 Jahren allein zum Zahnarzt nach Thaining gehen, seinem ersten Arztbesuch überhaupt. Es liest sich martialisch: „Auf’Naachd isch’s aagange. I hou Zaahweah kriagt, dass’s ma d’Zeachanejgl naufzoacha hod.“ Besonders schlimm war, dass sein Weg an einem „versunkana Schlouß, da Eadaburg“ (Ödenburg) vorbeiführte, bei der es „geischtra“ sollte, aber „bliatige und gliatige Ouga hou i id gseeicha“ – also ohne „blutige und glühende Augen“. Beim Dr. Brüderl ging’s zwar blutig zu, aber „i hou‘s Bluad naagschlickd und bi naus beein Louch un’ hoa“. Als Belohnung bekam er sogar „zwoa Ochsa’Oar“, also zwei große Spiegeleier, und bei der Belohnung „weer i Alldeeg zum Zaahziacha nach Duaning ganga“.

Auch bei der zweiten Geschichte, dem Ministrantenausflug von Otto auf die Benediktenwand, freute sich das zum Teil sehr kundige Publikum am Klang der kehlig-harten Laute aus dem Lechrain, die nicht nur als Dialekt, sondern als eigene Sprache gilt. Als Jüngster durfte der fromme Otto die älteren Ministranten bei einer Bergtour begleiten. Begeistert war er bei der Wanderung von „di Bäch mid di groaße Gumpa und di hoacha Sturz“ (Wasserfälle) dabei. Entscheidend war für ihn aber, dass er überzeugt war, dass er „die Himmlischen Heerscharen gei iwr di Woulka seejcha kinnt“. Und weil er außer Wolken nichts sah, kam es, „dass i ausgrechnd beein Minischtranta’ausflug an Gloawa von Hiemml iwar di Wolka valoara hou“.

Roland Greißl ergänzte in seinem Vortrag noch lateinische Einflüsse auf diese raue Sprache, die sich aus dem langen Zusammenleben der Römer mit der heimischen Bevölkerung ergeben hatten. Als Anschauungsmaterial teilte er den Zuhörern das Gedicht „’s Lejchruanr Biawla“ von Manfred Wölzmüller aus, in dem die Grundsatz-Frage des Fachmanns für das Lechrainische, Professor Dr. Pankraz Fried aus Wabern († 2013), diskutiert wird: ob die Lechrainer nun Schwaben oder Bayern sind.

Musikalisch einfühlsam umrahmt wurde die gut besuchte Veranstaltung vom Zitherduo Steffi Schiegg aus Hofstetten und Alfred Eitzenberger aus Wessobrunn.

Text von Roland Greißl
Fotos von Andrea Greißl