Interne Lesung Gruselig - 10.9.2021
Unglaubliche Geschichte(n) aus dem Leben
Zehn Autoren konnte Boris Schneider zur zweiten internen Lesung nach der Corona-Pause im Café Morizz in Buchloe begrüßen. „Gruselig“ war das Thema und gruselig sollte der Abend werden, aber die Freude über das lange vermisste Zusammensein überwog.
Marianne Porsche-Rohrer stellte Gedichte aus ihrem neuen Schlafbuch vor, in denen etwa kontrovers diskutiert wird, welche Schlafbekleidung die beste wäre: nichts, Schlafanzug oder Nachthemd, am Ende gar ein raffiniertes Negligé? Doch da man sich leider leicht darin erkältet – sollte man doch das lange Flanellnachthemd bevorzugen?
Barbara Koopmann las eine Geschichte von schrecklichen Bombenangriffen. Sie hat wohl Recht mit der These, dass alte Menschen so gern vom Krieg erzählen, weil sie sehr froh sind, das Grauen überlebt zu haben. Die Texte von Thomas Glatz entstehen nach eigenen Angaben oftmals während langweiliger Kinofilme, so auch die vorgetragene scharfsinnige Überlegung, warum der Mensch nur zwei Beine hat und wie viel Paar Turnschuhe ein Tausendfüßler benötigt.
Tiefe Betroffenheit löste Corinne Haberl mit ihren Beobachtungen von Menschen aus, für die Tierschutz ein Fremdwort ist und die die Schöpfung im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen treten. Die Wanderung auf eine Alm im Chiemgau war das Thema von Claire Guinin: Gruselei ohne Ende in der Geschichte und bei den Zuhörenden gleichermaßen.
Aus dem allerersten Buch unseres verstorbenen Freundes und Kollegen Helmut Glatz mit dem Titel „Die gestohlene Zahnlücke“ las Carmen Kraus. Kämpfende Geisterbahn-Gespenster und eine sprechende ausgestopfte Eule lehrten zwei Diebe das Fürchten.
Auf die Kriegsjahre sah auch Fred Fraas etwas genauer. Unglaublich viele Schreckensszenarien verarbeitete er in seinem Gedicht. Aus seinem Roman „Ludwig zum Zweiten“ las Hans Schütz von einem beinahe aussichtslosen, fast gruselig anmutenden Versuch, im Drogenrausch von Schloss Linderhof zum Brunnenkopf hochzusteigen.
Benno von Rechenberg reiste gedanklich weit zurück in die Kindheit seiner Frau und Jahrzehnte später an denselben Ort am Königssee, um vom Leben zweier unzertrennlichen Schwestern zu erzählen, die hochbetagt am selben Tag starben.
Bei Monika Sadegor hatten wir die Ehre, einen Einblick in ihren noch nicht veröffentlichten historischen Roman zu bekommen, mit einem wahrhaft gruselig wiederkehrenden Albtraum von einem Drachen, der immer wieder in letzter Minute zurückgeschlagen wird.
Fazit: Viel Gänsehautgefühl, aber auch viel Anlass, über das Gehörte nachzudenken, ein wirklich lohnenswerter Abend mit guter Moderation in gemütlicher Atmosphäre – vielen Dank, Boris!
Bericht von Marianne Porsche-Rohrer
Fotos von Boris Schneider