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Freie Lesung Lachendes Herz - 21.4.2022

Wo das Herz lacht

„Lachen ist für Herz und Seele die klügste Medizin. Wir wollen endlich wieder lachen, auch wenn den Augen in dieser Zeit oft zum Weinen ist.“ Mit diesen Worten hatte Theresa Schermer zum langersehnten ersten öffentlichen Leseabend nach zweijähriger Coronapause eingeladen. Als Moderatorin begrüßte sie die Gäste und Autoren im evangelischen Gemeindesaal in Landsberg. Nach vielfältigen Überlegungen stellte sie fest, dass Lachen und Weinen nicht gleichzeitig möglich sind, wenn sie auch oft nahe beieinander liegen.

Einen schwungvollen Einstieg in den Abend bot Rudi Fichtl mit zwei Gedichten aus seinem soeben erschienenen ersten Buch „Das Kribbeln beim Bestatten dicker Dänen“: „Frühling“ und „Tante Therese lädt ein“, die dem Genre Satirische Lyrik alle Ehre machten. Obendrauf setzte er noch zwei brandneue Werke: „Abserviert“ und „An Monika“. In gefühlvollen Zeilen erspürte Carmen Kraus mit dem Gedicht „Muse, du“ die Muse, die ihr gerade am nächsten stand: Thalia, jene des Theaters, die Lachen und Weinen vereint. An ein Gedicht der rumänischen Autorin Ana Blandiana angelehnt schrieb sie „Das Wunder“, um dessen wunderbare Explosion der Glücksgefühle auch dem deutschen Publikum zu erschließen.

Lerche oder Lärche – Vogel oder Baum – was ist was? Marianne Porsche-Rohrer las aus ihrem Buch „Doktor Wald hilft Jung und Alt“ auch die Wortspielerei von der Zecke und der Schnecke. Zudem gab sie mit Reimen über des Herings wertvolle Fettsäuren eine Kostprobe aus ihrem nächsten Buch, zum Thema Herzgesundheit. Gar nicht zum Lachen animierte hingegen Roland Greißl mit seinen sorgenvollen Gedanken über die Coronazeit und die ukrainischen Kriegsereignisse. Schließlich stellt er frei nach Karl Valentin fest, dass Trauriges kein bisschen freudiger würde, wenn er selbst nun auch noch traurig wäre.

Mit einer „Hommage an das Rentnerdasein“ erfreute Gerwin Degmair die Zuhörer, ebenso mit seinen skurrilen Ausführungen über „Des Lebens Leberwurst“ oder „Des Dichters Frust und Freud“. Ganz nahe daran waren auch die Hinweise für ein gutes Leben von Fred Fraas. Sein Fazit: Nicht nur mit Schampus wird manches besser, sondern auch mit einem kleinen Lächeln. Für Hans Schütz, der gerade einen Leseabend in Friedrichshafen bestritt, las Carmen Kraus aus seinem 2021 erschienenen Buch „Scherzgedichte“ wilde Reime aus dem Eibenwald und aus Windach und sinnierte mit ihm über Maulwurfarchäologie.

Der Akteur von Monika Sadegors aufregender Geschichte des gemütlichen Untermieters, der zunehmend zudringlicher wird, war schließlich nicht ein zunächst vermuteter graumelierter Herr, sondern ein Held auf Samtpfoten, was alle kurzzeitig Mitempörten in einem Schmunzeln entspannen ließ. Die alte Geschichte von Schmuel, der auf der Suche nach seinem wertvollen Regenschirm den Rabbi befragt, wurde von Benno von Rechenberg mit einem Augenzwinkern als literarisch aufgebaute Symphonie mit Variationen geschildert, was die Zuhörer gleichsam staunen ließ und erfreute.

Gar nicht lachen kann Martje Herzog in dieser Zeit des Krieges und der Pandemie. Doch bei allem Mitfühlen für das Leid in der Welt sei es für jeden Einzelnen doch überlebenswichtig, für sich selbst zu sorgen. „Lerne zu lachen ohne zu weinen“, lautete schließlich ihr Rat. Alterprobt ist Lore Kienzls Geschichte vom Unternehmensberater, der mit moderner Technik zwar die Zahl der Schafe korrekt erfasst, überheblich jedoch die Intelligenz des Hirten verkennt, während er selbst nicht mal Schäferhund und Schaf unterscheiden kann.

Zwei weitere nicht ganz ernst zu nehmende Gedichte aus ihrem Schlafbuch gab Marianne Porsche-Rohrer mit „Nachthemd, Schlafanzug oder nichts“ und „Negligé oder Flanellnachthemd“ den Zuhörern mit auf den Heimweg. Und noch in beschwingter Urlaubsstimmung schwelgte Heidenore Glatz von reichhaltigen Genüssen am Frühstücksbuffet und frischem Fisch an jedem Tisch aus ihrem Buch „Ein Pfund Zwetschgen, bitte!“ und nahm ergeben die überaus gesprächige Dame hin, die eine informative Bootsfahrt auf der Spree empfindlich störte.

Monika Sadegor dankte allen Autoren für den anspruchsvollen Abend, der zum Nachdenken anregte, aber auch ein wenig zeigen sollte, dass man nur mit Traurigkeit das Leben auch nicht verbessern kann. Dank auch an Theresa Schermer, die die nicht ganz einfache Aufgabe der Balance zwischen Lachen und Traurigkeit elegant meisterte.

Marianne Porsche-Rohrer


Mit Fotos von Roland Greißl und Theresa Schermer