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Adventslesung Staunen - 7.12.2025

Staunen und Schweigen

„Staunen und Schweigen“ hieß das Motto der Adventslesung im Landsberger Autorenkreis, genau am zweiten Advent in Waitzingers Restaurant in Landsberg. Da Autoren aber, insbesondere bei Lesungen, das Schweigen schwerfällt, gab es trotzdem einiges zu hören.

Bevor in die Lesung gestartet wurde, gedachte man der unlängst verstorbenen Claire Guinin. Die 1929 geborene Wahllandsbergerin, erinnerte sich Klaus Wuchner, habe sich vom ersten Fan des Autorenkreises hin zu einem geschätzten Mitglied entwickelt. Einige ihrer Texte, die als wertvolle Zeitdokumente frohe wie betrübliche Ereignisse ihrer Kindheit schildern, werden auch in der nächsten Anthologie zu den Themen „Freude“ und „Trauer“ zu finden sein.

„Guten Mittag“, begrüßte dann Moderator Franz Oberhofer Gäste und Autoren zur ungewohnten Zeit um elf Uhr in Waitzingers Restaurant. Besinnlichkeit, begann er, sei ein im Advent mittlerweile eher abgenutzter Begriff, beim Ziel des Zur-Ruhe-Kommens hätten Staunen und Schweigen hingegen mehr Marktwert. Wie im Autorenkreis üblich wurde dann die Lesereihenfolge vom Zufall bestimmt. Zwischen den insgesamt zwölf Vortragenden leitete der Moderator jeweils mit Zitaten zu „Staunen“ oder „Schweigen“ über.

Beginnen durfte Mirlo Verdad, der die stimmungsvolle Schilderung eines Abendspaziergangs am See mitgebracht hatte, bei der der Protagonist auf eine „Alte Seele“ traf – eine Geschichte mit mehreren Ebenen. Heiko D. Felbrici las eine bewegende Geschichte, von der man wünschte, sie wäre wahr: Ein Spediteur findet als „Nikolaus auf Reisen“ in einem unverschuldet arbeitslos gewordenen Anhalter einen neuen Freund und Mitarbeiter.

Barbara Koopmann wachte in ihrer Erzählung „Manchmal hilft ein Perspektivwechsel“ erst langsam von einem beunruhigenden Traum auf, um festzustellen, dass ihre Tochter nicht von Krähen verfolgt fortging, sondern von Elstern begrüßt zurückkam. Dieter Vogel machte sich in seiner Persiflage „Stade Zeit“ auf sarkastische Weise über die Ruhe der Vorweihnachtszeit bis hin zur Stille am Jahreswechsel lustig. Im krassen Gegensatz dazu hatte Lore Kienzl nur das kurze Gedicht „Weil – wenn“ mitgebracht, in dem die Begriffe Sehen, Hören und Verstehen in Zusammenhang mit den beiden Konjunktionen die Zuhörenden zum Nachdenken brachten.

Roland Greißl interpretierte das Gedicht „Ich lebe mein Leben“ von Rilke und stellte es in Zusammenhang mit den Bahai, die sich die Einheit aller Religionen wünschen. Boris Schneider entführte das Auditorium ins „Weihnachten 2055“, bei dem der Schnee auf romantische Weise die Trümmer einer zerstörten Welt verdeckte. Bei Gerwin Degmair wurde es wieder etwas humorvoller. Seine vorgetragenen Gedichte, vielleicht auch in seinem neuen Buch „Ich liebe Dich“ zu finden, trugen die Titel „Advent, Advent, was ist’s, das brennt?“, „Ich steh am Ufer der Zeit“ und „Des Knäbleins Durst“.

Tina Vogel machte sich in ihrem Text „Wunderwelt“ Gedanken darüber, dass der Mensch neben dem Streben nach alten und neuen (selbst geschaffenen) Weltwundern, gar nicht mehr das Wunder der Welt selbst erkennt. Carmen Kraus hatte mit kurzen Gedichten aus ihrer Anfangszeit im Autorenkreis, wie die aus nur 14 verschiedenen Wörtern bestehende Weihnachtsgeschichte „Lichtkind“, bis zu längeren aktuellen wie „Christkindlmarkt“, bei dem die Zeit lautlos in der Geschäftigkeit verpufft, viel Adventliches mitgebracht.

Thomas Glatz schloss den Bogen zum Anfang und beschrieb in „Geigen schweigen“ ebenfalls einen Abendspaziergang mit seltsamer Begegnung. Hannelore Warreyn brachte in der Geschichte von einem mutigen Wachsklümpchen Licht in die Welt und ebenso in ihrem frei vorgetragenen Gedicht „Ein Licht“.

Moderator Franz Oberhofer schloss die Lesung mit einer adventlichen Stimmungsgeschichte und die anschließenden Gespräche waren vielleicht etwas weniger laut als sonst. Staunend und schweigend kehrten Gäste und Autoren schließlich in den vorweihnachtlichen Alltag zurück. Denn es folgt eine längere Lesepause, bis zum 23. Januar. Stade Zeit auch im Autorenkreis …


Dr. Boris Schneider
Fotos: Doris Spang-Oberhofer