Südlesung "Wald" - 19.7.2024
Waldeslust in Welden
Ein heißer Sommertag neigte sich seinem Ende entgegen, als sich Autoren und Gäste des Landsberger Autorenkreises um 19 Uhr im malerisch gelegenen Gasthaus Seerose in Welden einfanden. Moderatorin Marianne Porsche-Rohrer aus Schongau hatte die lokalen Mitglieder der literarischen Zunft zur sogenannten „Südlesung“ ins Fuchstal geladen. „Waldeslust“ hatte sie als Thema gewählt und startete mit einem Gedicht aus ihrem „Doktor Wald“-Buch über einen Buchenwald und dessen unterschiedliche Reize im Wechsel der Jahreszeiten.
Gerda Kees, die den Abend wundervoll passend auf ihrem Akkordeon begleitete, begann danach mit „Tief im Böhmerwald“. Gleich forderte sie die Anwesenden zum Mitsingen auf, was diese im Verlauf des Abends auch immer wieder fleißig taten. Über die Freiheit der Gedanken bis zum „Jäger aus der Kurpfalz“ gaben das zum Thema passende Liedgut gepaart mit der wundervoll humorvollen Art der Musikerin dem Abend eine ganz besondere Note.
Version für Eilige:
Die vorgetragenen Texte waren so vielfältig und unterschiedlich, wie Wälder sein können. Von sehr ernsten Themen, wie den in den 80er Jahren im nahen Fuchstaler Wald stationierten Atomsprengköpfen über romantische Schilderungen und Gedichte zum Wald bis hin zu philosophischen Texten, in denen sich ein Baum Gedanken über im Nebel Verstecken spielende Kinder machte, war alles vertreten.
Die Lesenden waren, in alphabetischer Reihenfolge: Martje Herzog, Heidenore Glatz, Roland Greißl, Lore Kienzl, Carmen Kraus, Barbara Koopmann, Franz Oberhofer, George Olivier Pessianis, Boris Schneider und Mirlo Verdad.
Für den Leser mit mehr Muße:
Barbara Koopmann hatte sich Gedanken über den geliebten Stadtwald im Landsberger Süden gemacht. Am Beginn ihrer Morgenwanderung stehen hohe Fichten, die mit eher dunklem Ambiente einen Kontrast zum lichten Mischwald gegenüber bilden. Aber Wald hat neben der Erholung vielfältige weitere Funktionen, als Wirtschafts- oder Klimafaktor, zu denen sie ebenfalls ihre Überlegungen weitergab.
Boris Schneider las den Anfang seiner Geschichte „Unter Wölfen“, bei der der erwachende Tag auf einer Waldlichtung in romantischen Bildern geschildert wird.
Roland Greißl löste mit seiner Geschichte „Countdown in drei Minuten“ Betroffenheit aus: Vor Jahrzehnten war er den damals im Fuchstal stationierten Atomsprengköpfen wohl zu nahe gekommen. Der vermeintliche Einsatzbefehl hätte Fuchstal 1983 beinahe zum Schauplatz einer atomaren Katastrophe werden lassen.
Mirlo Verdad hatte einen Text mitgebracht, bei dem er die Perspektiven des Erzählens vom Baum Julio über in dessen Wald im Herbstnebel Verstecken spielende Kinder zurück zum Baum wechselte. Entsprechend unterschiedlich war auch die Stimmung von sachlich bis düster spannend. Die Zuhörer blieben in Gedanken zurück darüber, wie es mit den Kindern im Wald wohl ausgegangen sein mag.
Lore Kienzl trug ein kurzes Gedicht aus ihrem Buch „Nur ein Wort … Tagesgedichte“ vor, das einen auf einen nächtlichen Spaziergang in den Wald mitnahm. (Leider musste sie früher weg und fehlt deshalb auf dem Foto aller Vortragenden.)
Martje Herzog hatte zunächst die Inspiration für einen Text zum Thema Wald gefehlt. Nachdem sie aber mithilfe ihres Sohnes und KI ein Gedicht hatte erstellen lassen, das erstaunlich gut gewesen sei, küsste sie in der darauffolgenden Nacht doch noch die Muse. Sie beschrieb dann in eigenen poetischen Worten die absolute Stille im Wald nach dem Schwimmen im Weiher, in der eine kleine blaue Blume nickte, wie nur blaue Blumen es können.
George Olivier Pessianis nutzt den Wald gerne als seine Universität des Lernens. Ob seine beiden Beiträge „Urwald der Menschen“, der von Krieg und Leid berichtete, und „Mein Wald“, in dem zaubergrün Wunder und Glück erblühn, in seiner Walduniversität entstanden sind, gab er jedoch nicht preis.
Franz Oberhofer hatte sich an ein eher romantisch angehauchtes Gedicht gewagt. In „Vogelgespräche“ entführte er die Zuhörer in luftige Höhen, wo Welten sich weiten und Lieder sich im Wind verlieren. Das konnte man auch sehr gut zweimal hören.
Carmen Kraus hatte drei Gedichte mitgebracht und startete mit „Alte Eiche“, das sich in ernsten Tönen damit beschäftigte, was eine alte Eiche schon gesehen haben mag und ob sie wohl lange genug überleben würde, um unsere Enkel kennenzulernen. Zwei weitere Gedichte „Bett aus Wald“ und „Augen des Waldes“ führten die Zuhörenden in einen Raum, der mehrere Produkte des Waldes beinhaltet, auch die (Ast-)Augen der Deckenbretter, die ihr bisweilen zusehen.
Den Abschluss machte Heidenore Glatz, die eine breite Palette ihrer Schaffenskraft offenbarte: von einem romantisch rückbesinnenden Gedicht zum „Berg in der Heimat“ über humorvolle Verse sich neckender Spechtgeschwister in „Gespechtelt“ und einen Spaziergang, bei dem ihr Mann „zeckenlos“ blieb, bis hin zu einer Wald-Traumreise, die Bettlägerigen ein wenig „Wald“ ins Zimmer bringen sollte.
Die Moderatorin Marianne Porsche-Rohrer verabschiedete die Literaturinteressierten mit einem Tautogramm über Forstgehilfe Fritzchen Fischer, der unerlaubt fünfzehnjährige Fichten fällte, die aber glücklicherweise für ein Feuerwehrfest Verwendung fanden, in die mittlerweile angebrochene Nacht.
Boris Schneider
Fotos: Roland Greißl