Melancholie und Sehnen - 21.11.2025
"Wo möchte ich jetzt sein?"
Eine große Gesellschaft hat sich im Café FilmBühne eingefunden. Autoren und Gäste sitzen erwartungsvoll an den Bistro-Tischchen. Die erste Begrüßung übernimmt Alexandra Stein mit ihrer Klarinette. Eine zarte Melodie erfüllt den Raum und lässt die Anwesenden ruhig werden. Klaus Wuchner begrüßt seine Gäste: Die große Spanne zwischen Melancholie und Sehnen ist das Thema des Abends. Wuchner erscheint die Melancholie erfrischend, heiter, gegründet auf positives Denken in die Vergangenheit, mit Freude verbunden. Das Sehnen ist vielleicht der Wunsch nach Wiederholung. Sein Enkel Lukas liest Opas Text „Wo möchte ich jetzt sein?“ darüber, wie er heute Melancholie empfindet.
Dann berichtet Roland Greißl aus aktuellem Anlass über den Tod von Uli Weimer, einem Wegbegleiter, der ein bekannter, aktiver Strahlengegner war. Warum starb er so plötzlich mit 48 Jahren? Tina Vogel bedauert in ihrem Essay, dass Musik, jene wunderbare Kraftquelle für Körper und Seele, in Ländern wie Afghanistan grundsätzlich streng verboten ist.
Mirlo Verdad schwärmt in nur wenigen Sätzen von der Melancholie, doch er spricht über sie wie von einer Geliebten: Sein Herz braucht die Melancholie. Dieter Vogel versucht hingegen in Etappen den Sinn des Bauches zu ergründen, denn Abnehmen ist angesagt. Der Vorsatz ist da, doch Paprikachips und Bier im Sessel versprechen wenig Erfolg.
In zwei Gedichte fasst Lore Kienzl ihre Beobachtungen der Natur und wie sie sich wandelt. Der Feuervogel spuckt Hitze, der Winter ist nicht mehr, wie er mal war. Und wann wird es leichter, das Lächeln über eine intakte Natur? Hannelore Warreyn schützt mit Wehmut die Vergangenheit ihrer Liebe, gern möchte sie die Liebe in die Gegenwart zurückhaben.
Alexandra Stein fragt in ihrem Text: „Was braucht es, ein Mensch zu sein?“ Eine melancholische Betrachtung zum Verlust und dem Sehnen nach Gemeinschaft und Menschlichkeit. Rudolf Anton Fichtl inszeniert in seinem lyrisch-ironischen Text den Wunsch nach Ruhe. Er ließ ihn auch durch die Künstliche Intelligenz analysieren – und findet, wie alle Zuhörer, das Ergebnis genial.
Der Herbst mit seiner prächtigen Laubverfärbung bringt Barbara Koopmann in melancholische Stimmung: Bald wird die Pracht gestorben sein, Blätter fallen wie von selbst und sie sieht den Zusammenhang mit ihrem Leben. Aber die Gedanken an Weihnachten, den nächsten Frühling, das Sehnen nach der Wiedergeburt der Natur trösten. Auch Boris Schneider betrachtet eine Naturerscheinung im Herbst, den Altweibersommer: Diese Fäden winziger Spinnen im Sonnenlicht sind für ihn mit freudigen Erwartungen und Erkenntnissen verknüpft.
Heiko D. Felbrici schwärmt in Erinnerungen von der Liebe zweier Menschen und fragt, ob wir heute noch lieben können? Es folgt die Erkenntnis, dass man die Liebe nicht für einen anderen beschreiben kann, sie ist ein Gefühl der eigenen Seele. Und Thomas Glatz zieht im Kurztext das Fazit, dass letztlich alles ein Ende hat: der Kaffee, die Milch und das Jahr.
Ein stimmiger Abend mit vielen Worten, Gedanken und immer wieder schönen Melodien ist beendet. Im Resümee zeigte er, wie viele Facetten Melancholie hat und wie unterschiedlich sie von uns empfunden wird.
Zur nächsten Lesung laden die Autoren um die Mittagszeit ein, in Waitzingers Restaurant, wo der Landsberger Autorenkreis vor 21 Jahren seinen Anfang nahm. Darüber kann man trefflich staunen – aber schweigen? Bei einer Lesung? Was Autoren und Gastautoren zum Thema des Moderators Franz Oberhofer „Staunen und Schweigen“ einfällt, erfahren Sie am besten live am 7. Dezember ab 11 Uhr im großen Saal. Der Eintritt ist frei, die Küche bereit.
Text: Barbara Koopmann
Fotos: Roland Greißl, Dieter Vogel, Brigitte Knörzer



















